Opferstock "Armer Lazarus"
Der Opferstock „Armer Lazarus“ ist ein bemerkenswertes Zeugnis für durch die Reformation gewandelte Almosenfrömmigkeit
Opferstöcke und andere Sammelbehälter wurden seit der Reformation gern mit der biblischen Figur des „Armen Lazarus" in Verbindung gebracht. In diesem Gleichnis Jesu (Lk 16,19-31) erleidet der hartherzige Reiche, der den Bettler vor seinem Haus ignoriert, schweres Leid nach seinem Tode.
Nur mit einem Schurz bekleidet, galt er als nackt. Die leer dem Betrachter präsentierte Bettelschale und seine magere Erscheinung kennzeichneten ihn als arm, eine klaffende Wunde am Bein als krank, sein Hut wiederum wies auf Wanderschaft hin, also Fremdheit. Damit vereinte der Mann fast alle Bedürftigkeitskriterien auf sich, die dem Spender aus der Weltgerichtsrede Christi (Mt 25,34-46) bekannt sein mussten: „Denn ich bin hungrig gewesen", lautet das Plädoyer des richtenden Christus, „und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besucht."
Drei bis fünf Stifternamen sind in der unvollständig erhaltenen Inschrift genannt, dazu die Aufforderung: „GEVET DEN ARMEN".
Kurzbeschreibung aus kunsthistorischer Sicht:
Holstein, 1590 Lindenholz, beschnitzt und farbig gefasst; Eisenbeschläge; innen Spuren einer ledernen Auffangtasche; zugehörig ein (zeitgenössisches) Vorhängeschloss - frühere Beschädigungen durch Fäulnis, Wurmfraß und Montage weiterer Eisenbänder; rechtes Schriftfeld z. T. ausgestemmt; Bettelschale am Rande stark abgestoßen; Höhe 120 cm, Durchmesser ca. 35 cm.
Text/Quelle: Sievers 1991, S. 91-107 (mit zahlr. Abb.); Sievers 2005 (mit zahlr. Abb. und weiterer Lit.); Lorentzen 2008a, S. 65-77 (mit weiterer Lit.); Lorentzen 2008b (mit weiterer Lit.)
Audio: Kirsten Hartmann